Von Christian Franke und Til Rohgalf
Der Schweriner KUNSTraum präsentiert zwei neue Arbeitsgruppen der Künstlerin Renate U. Schürmeyer. Ein zentrales Motiv ihrer Arbeiten ist das Repetitive über einen längeren Zeitraum und die Suche nach dem sich sukzessiv Verändernden. In ihren Objekten und Installationen thematisiert sie das Bewahren und Verändern, das Sichtbarwerden von Vergangenem und die Prozesse des Erinnerns. Oft nutzt sie dabei Alltagsmaterialien und lässt diese im Kontext ihrer Werke zu Trägern kollektiver und individueller Geschichte werden.

Beim Betreten des Ausstellungsraums präsentieren sich drei an Wandteppiche oder Mosaike erinnernde Werke, die zur Arbeitsgruppe „dosiert_konserviert“ gehören. Gezeichnete Ornamente verweisen auf die Herkunft der sogenannten „Gastarbeiter*innen“, die seit Anfang der 1960er Jahre in der BRD angeworben wurden, um unter sozial widrigen Umständen schlecht bezahlte Fließbandarbeit zu verrichten. Diese kulturellen Erinnerungsartefakte zeichnete Schürmeyer auf Deckel von Tierfutterschälchen als pars pro toto moderner Massenware. Die Elemente sind dabei so miteinander verwoben, das sie die Verbundenheit der einzelnen Schicksale symbolisieren. Das Zusammenhängende ist hier nun nicht in einem perfekten Stich miteinander verbunden, sondern ist mal mehr und mal weniger stark verbunden. Auch wenn sich die Muster wiederholen, zeigen sie keine absoluten Symmetrien. Ähnlich wie das Schicksal der Einzelnen, die zwar ähnliche Geschichten haben, aber dennoch in ihrer Individualität thematisch werden können.
In der zweiten gezeigten Arbeitsgruppe „Schmerz“ beschäftigt sich die Künstlerin mit der individuellen Wahrnehmung von Schmerz. Dazu nutzt sie unterschiedlich farbige Papierschalen, deren Inneres mit Reißzwecken, Nägeln und Drahtstiften gespickt ist. Diese Werkgruppe mag zunächst unscheinbar, dekorativ und harmlos wirken, doch der Blick in das Innere offenbart auf direkte und sinnliche Weise den Schmerz. Dabei werden vor allem Assoziationen zu Verletzung und Bedrohung hervorgerufen. Die Schalen werden zu Metaphern für Menschen, deren Schmerz auf den ersten Blick nicht erkennbar ist, aber dennoch sehr real und präsent sein kann.
Renate Schürmeyer wurde 1957 in Berlin geboren. Sie studierte an der Ottersberger „Hochschule für Künste im Sozialen“. Auslandsstipendien und Auftragsarbeiten führten sie u.a nach Estland und in die USA. Für ihre Arbeit erhielt sie 2024 den Kunstpreis der Nordkirche. Renate Schürmeyer lebt und arbeitet im mecklenburgischen Jeese.
Die Ausstellung ist Teil der diesjährigen Ausstellungsreihe „CORNER KICK_OFF“ und noch bis zum 18. Dezember im Schweriner KUNSTraum, Goethestraße 15, zu sehen.