Dreizehn Künstlerinnen der GEDOK MV im Kunstwasserwerk Schwerin
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Von Susanne Scherrer
Ein unerschöpfliches Thema: Korrespondenzen – künstlerisch gedacht auch als Dialog zwischen einzelnen Sparten oder Formen von Kunst. Noch bis zum 12. Oktober sind im Schweriner Kunstwasserwerk Arbeiten von Künstlerinnen aus Mecklenburg-Vorpommern zu sehen, die sich zur GEDOK-MV-Gruppe zusammengeschlossen haben. Wie lassen sich Malerei, Zeichnung, Grafik, Plastik, Fotografie, Glaskunst, Textilgestaltung, Installation, Musik und Literatur miteinander verzahnen?
Zwiegespräch und Geschichte in Schubladen
„Zwiegespräch II“ betitelte Anke Weßling ihre Collage aus runden, schraffierten Bildausschnitten, die sie anschließend übermalte. Hervorgehoben bleibt eine schwarz umrandete Figur in Seitenansicht: sprechend – mit sich, mit wem? Ebenfalls in der Ausstellungshalle im ehemaligen Pumpenhaus ist eine Installation von Monika Hellwig zu sehen. Auf dem Boden sind zwei Schubladen schräg aufeinander gestellt. Eine davon ist gefüllt mit handgeschriebenen Briefbögen in deutscher Schreibschrift, dünnen Luftpost-Umschlägen, alten Fotografien und Familienporträts. In der anderen Schublade liegen Weißzeug, handgesäumte Taschentücher, Spitze. Blutrote Farbspritzer verteilen sich über den Briefen und Stoffen. Eine Radierung hat Monika Hellwig hinzugefügt. „Geschichte in Schubladen“ heißt ihre Arbeit. Es geht um die Auswanderung deutscher Familien, auch ihrer Familie, nach Brasilien um 1900.


Einen Live-Höhepunkt der „Korrespondenzen“ konnten Besucherinnen und Besucher bereits erleben. Gemeinsam mit der Schweriner Mezzosopranistin Sophia Maeno, Mitglied der GEDOK-MV, erzählten die Musikerinnen des Streichquartetts um Johanna Kuchenbuch eine aufwühlende Geschichte, die das Publikum im Kunstwasserwerk tief berührte.


Into The Fire – ins Feuer hatte die französische Bildhauerin Camille Claudel ihre eigenen, aus Wachs geformten Modelle geworfen, sich selbst strafend, wenn sie etwas in unkontrollierbare Rage brachte. Die tragische Lebensgeschichte dieser Ausnahmekünstlerin an der Seite des Bildhauers August Rodin hat der amerikanische Komponist Jake Heggie 2011 in sieben musikalischen Bildern vertont. Johanna Kuchenbuch (1. Violine), Brita Lenke (2. Violine), Franziska Schwarz (Viola) sowie Sofia von Freydorf am Violoncello erfassten alle musikalischen Nuancen der Komposition. Sie umwoben Sophia Maenos Mezzosopran, der die Zuhörenden in kraftvolle Höhen und zarte, dunkle Tiefen der dramatischen Erzählung führte. Ein Beispiel, wie ein Dialog zwischen dem poetischen Text von Gene Scheer, erklärt von Jan-David Mentzel im Vorspann, der Komposition selbst, der künstlerischen Interpretation durch die fünf Musikerinnen und dem ergriffenen Publikum wunderbar gelingen kann. Wer nicht dabei sein konnte: für den 22. November 2025 ist eine weitere Aufführung im Goldenen Saal im Neustädtischen Palais in Schwerin geplant. Karten werden über das Mecklenburgische Staatstheater erhältlich sein.


Alle im Kunstwasserwerk gezeigten Werke greifen Aspekte von „Korrespondenzen“ assoziativ auf. Wo Erläuterungen fehlen, sind Betrachtende gefragt, eigene Vorstellungen zu entwickeln. Noch bis zum 12. Oktober 2025 sind die Arbeiten von Ursula Bahr, Karin Camara, Monika Hellwig, Angelika Janz, Silke Krempien, Merete de Kruyf, Elvira Martens, Margrit Rieger, Susanna Schultz, Dorothea Walz, Anke Weßling und Dagmar Zehnel im Kunstwasserwerk Schwerin zu sehen.
Titelfoto: „Falscher Schein“, Susanna Schultz, 2024/25, Tee- und Kaffeeverpackungen mit Baumwollgarn vernäht. Gestaltung: Christian Schmidtke // www.photografikwerk.de
Alle Fotos: Peter Scherrer
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Susanne Scherrer, studierte Dipl.Pol., forscht zur Familie Mendelssohn, übersetzt aus dem Ungarischen, vermittelt und unterstützt Literatur, Konzert- und Kunstevents. Lebt in Schwerin.