„Israel-Einblicke“ im Schlossmuseum 

.

Von Til Rohgalf und Peter Scherrer

Unter dem Titel „Israel-Einblicke” zeigt das Schlossmuseum Schwerin derzeit vierzig Fotos von Max-Stefan Koslik. Er ist ein in der Region bekannter Journalist, zuletzt tätig als stellvertretender Chefredakteur der Schweriner Volkszeitung. Anfang 2025 reiste er drei Monate durch Israel und das Westjordanland. Die ausgestellten Arbeiten konzentrieren sich auf die Jerusalemer Altstadt und nehmen ikonologische Orte ins Visier, wie sie jeder kennt, der einmal dort war.

Niemand kann sich der Faszination der religiösen Riten an der Klagemauer entziehen. Koslik fotografierte, wie orthodoxe Juden sich dort entrückt dem Gebet hingeben. Die byzantinische Pracht des Felsendoms auf dem Tempelberg, dem Zentrum multi-religiöser Traditionen, beeindruckt jede/n Besucher*in. Koslik begab sich auch in die christlichen, muslimischen und armenischen Viertel in Ostjerusalem und hielt die ethnisch-religiöse Vielfalt der Bewohner*innen und das Treiben auf der Straße fest.

Ausstellungsbesucher*innen werden auch auf die konfliktreiche Gegenwart in Israel hingewiesen. Ein Foto zeigt eine Gedenkwand mit Stickern gefallener israelischer Soldaten, ein anderes Juden, die Kippas mit dem Konterfei des amerikanischen Präsidenten Trump präsentieren. Koslik befasste sich mit dem „Walled off Hotel“, einem Luxushotel, das der Streetart-Künstler Banksy 2017 in Bethlehem eröffnete und mit seinen Kunstwerken ausstattete. Der Name bedeutet „abgeschottet“ und wirbt mit der „hässlichsten Aussicht der Welt“ – auf die von Israel errichtete Grenzmauer zwischen Israel und dem Westjordanland. Das Hotel ist seit Oktober 2023 geschlossen. Weiterhin ist das Bild einer „privaten Feldküche“ zu sehen, betrieben von Angehörigen israelischer Soldat*innen, die an der Grenze zum Gazastreifen ihre Familienmitglieder versorgen.

Die Fotoausstellung sollte ursprünglich im offenen Treppenhaus des Finanzministeriums Mecklenburg-Vorpommern gezeigt werden. Die Pressemitteilung des Finanzministeriums gab als Ziel der Ausstellung aus, einen „unmittelbaren, unpolitischen Blick auf das Leben in Israel zu ermöglichen – jenseits der Konfliktberichterstattung“. Nach „sicherheitsorganisatorischen Prüfungen“ wurde die Ausstellung dann ins Schlossmuseum verlegt, wo Aufsichtspersonal Zugänge kontrolliert und Besucher*innen beobachten kann.

Spätestens hier stutzt man: Wenn es sich um einen unmittelbaren, eher touristischen und insofern unpolitischen Blick auf Jerusalem handeln soll, wie lassen sich dann die Sicherheitsbedenken erklären? Jede/r Zeitungsleser*in weiß doch, dass es keinen unpolitischen Blick auf ein Jerusalem der Gegenwart geben kann, und jeder, der einmal dort war, weiß, dass es ihn nie gegeben hat. Wozu diese Verharmlosung, dieses verbale Wegducken, wenn gleichzeitig die Ausstellung jetzt nur unter Sicherheitsaufsicht besucht werden kann? 

Auch der Titel „Israel-Einblicke“ wirkt irreführend. Jerusalem kann als religiöser Brennpunkt des Landes gesehen werden, aber es gibt auch ein ganz anderes, säkulares Leben um die Metropole Tel Aviv. Und rund ein Fünftel, also fast zwei Millionen der in Israel lebenden Menschen, sind Araber*innen, deren Zahl die der orthodoxen Juden längst übertrifft. Das alles kommt hier nicht vor.

Wenn „Einblicke“ meint, dass es sich um subjektiv ausgewählte Bilder eines Fotoreisenden handelt, der seine alltäglichen Eindrücke mit Interessent*innen in der Heimat teilen möchte, so ist der Titel in Ordnung. Obwohl der Journalist durchaus auf politische Verhältnisse in Israel anspielt, bleiben die Bilder an der Oberfläche. Neue oder andere Perspektiven, die bei den Betrachtenden ein differenzierteres Verständnis des israelisch-palästinensischen Zusammenlebens bewirken könnten, bleiben aus. 

Die Ausstellung im Schlossmuseum  ist noch bis zum 5. November geöffnet, der Eintritt ist kostenlos.

.

Til Rohgalf studierte Sonderpädagogik, Philosophie und Geschichte (M.A.), er ist im Schuldienst tätig, musikbegeistert und musikalisch aktiv. Ihn interessieren politische, kulturelle und geistesgeschichtliche Themen.
Peter Scherrer, arbeitet in Schwerin als freier Journalist, studierte Geschichte und Soziologie. Ehemaliger Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall und dem Europäischen Gewerkschaftsbund.
Sie möchten auf eine Veranstaltung aufmerksam machen?
Nutzen Sie unseren Event-Kalender: https://www.kulturkompass-mv.de/veranstalter/
Sie möchten ihre Meinung sagen? Mail an: info@kulturkompass-mv.de

Verwandte Beiträge