Entlarvende Pointen – Humor, der trifft!

„Bunter wird’s nicht“ – im Schweriner Schleswig-Holstein-Haus zu sehen: Cartoons und Gemälde des Karikaturisten Til Mette

.

Von Til Rohgalf

Seine Cartoons sind drei Jahrzehnte u.a. wöchentlich im Stern zu sehen gewesen. Im Dezember verabschiedete er sich vom bekannten Wochenmagazin. Til Mette war 1982 Mitgründer der „taz Bremen“, wo seine Karikaturen ebenfalls regelmäßig zu sehen waren. Er arbeitete aber auch für die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Rundschau, den Weserkurier sowie für den britischen Punch und die US-amerikanische Funny Times.

Til Mette, eigentlich Gotthard-Tilmann Mette, wurde 1956 in Bielefeld geboren. Er studierte Geschichte und Kunst in Bremen.  In den 90er Jahren lebte der Künstler in New York und wurde auch US-Staatsbürger, bevor er 2006 nach Deutschland zurückkehrte. Seither lebt er in Hamburg.

Wer Til Mettes Cartoons kennt, weiß: Sein Zeichenstil ist charakteristisch und besitzt einen hohen Wiedererkennungswert. Präzise, scheinbar einfache Strichführungen erschaffen eine bewusst nüchterne und schnörkellose Wirkung. Seine Figuren besitzen meist überzeichnete Proportionen, fast maskenhafte Gesichter und minimale Mimik. Auch mit Hintergründen arbeitet Til Mette sparsam und reduziert auf notwendige Accessoires. Mettes Zeichnungen bieten den Texten viel Raum. Sie sind das Herzstück seiner Karikaturen. Mit scharfzüngigem, mitunter bösartigem Humor, der oft zum Sarkastischen tendiert, greift der Künstler politische und gesellschaftliche Debatten auf und pointiert sie beeindruckend in wenigen Worten.

Charakteristisch für Til Mettes Cartoons ist dabei, dass er auf die Darstellung der „Mächtigen“ oder der politischen Entscheidungsträger*innen komplett verzichtet. Seine Szenen spielen ausnahmslos in einem als bildungsbürgerlich wahrgenommenen Milieu, zu dem Til Mette selbst zu zählen ist. Sein Humor ist damit niemals ein Treten nach dem anderen (ob „nach oben“ oder „nach unten“), sondern vielmehr eine selbstreflexive Auseinandersetzung mit den Widersprüchen und Brüchen der eigenen „peer group“.

.

Das bürgerliche Milieu bietet dabei viel Material: So treffen moralischer Anspruch auf tatsächliches Handeln, politisches Bewusstsein auf Bequemlichkeit, Liberalität auf Eigeninteresse. Genau diese Sollbruchstellen sind ein Kern von Mettes Humor. Statt große politische Ereignisse direkt zu bebildern, zeigt er, wie gesellschaftliche Fragen im Privaten ankommen: am Küchentisch, im Wohnzimmer, im Gespräch zwischen Paaren. Das Eindringen politischer Diskurse ins Private wird so sichtbar. Politik ist kein abstraktes System mehr von „denen da oben“.

Til Mettes Ironie ist entlarvend, aber niemals agitatorisch, denn es geht ihm nicht darum, eine klare Message ironisch zu transportieren, auch wenn sein Werk eine deutliche Wertebasis besitzt. Vielmehr spricht aus seinen Cartoons ein großes Misstrauen gegen allzu feste Gewissheiten. Moralische Überlegenheit – egal welcher Couleur –, politische Symbolhandlungen und sprachliche Selbstberuhigung sind häufige Zielscheiben seiner beißenden Ironie. Lösungen für die thematisierten Problemfelder spart Mette bewusst aus. 

.

Til Mettes Cartoons sind damit aktueller denn je, denn sie bieten ein heilsames Korrektiv in zunehmend polarisiert geführten politischen Debatten. Aktuell auch, weil in Kontroversen das sachliche Argument zugunsten moralischer Selbstüberhöhung an Bedeutung verliert und identitätspolitische Lagerbildungen den selbstreflexiven und kritisch-ironischen Blick auf sich selbst und die eigenen „Peers“ vernebeln. Die Ausstellung im Schleswig-Holstein-Haus zeigt neben Drucken auch einige Originalzeichnungen Mettes und bietet ein breites thematisches Potpourri. Eine durchdachte Hängung strukturiert einzelne gesellschaftliche und politische Themenkreise.

.

Weniger bekannt als seine Cartoons sind Til Mettes Gemälde, darunter die Acryl-Reihe „Bonzen“ von 2022 und ausgewählte Portraits, die die Schau ergänzen. Ein Großteil der gezeigten Cartoons ist in den letzten 10–15 Jahren entstanden (leider sind die meisten Werke nicht datiert gehängt). Ältere Werke hätten eine spannende Erweiterung der Ausstellung darstellen können.

„Bunter wird’s nicht!” ist noch bis zum 22. Februar im Schleswig-Holstein-Haus zu sehen.
Alle Fotos: @ Til Rohgalf

 

.

Til Rohgalf studierte Sonderpädagogik, Philosophie und Geschichte (M.A.), er ist im Schuldienst tätig, musikbegeistert und musikalisch aktiv. Ihn interessieren politische, kulturelle und geistesgeschichtliche Themen.

Sie möchten auf eine Veranstaltung aufmerksam machen?
Nutzen Sie unseren Event-Kalender: https://www.kulturkompass-mv.de/veranstalter/
Sie möchten ihre Meinung sagen? Mail an: info@kulturkompass-mv.de

Verwandte Beiträge