Durchblick und Durchgang

Malerei und Grafik von Jutta Schnauer in der Societät Rostock

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Von Marion Wulf-Nixdorf

Am 2. November 2022 starb die Rostocker Pastorin Jutta Schnauer. Im Ruhestand hatte sie zu malen begonnen. Die ehemalige Leiterin des Kulturhistorischen Museums in Rostock, Dr. Heidrun Lorenzen, ist überzeugt, dass Jutta Schnauers Werk zu den „schönsten Laienarbeiten in Rostock“ gehört. Eine Ausstellung in der Societät Rostock erinnert an sie. 

Das Malen war Jutta Schnauer, geboren 1937 in Schwerin, nicht in die Wiege gelegt. Ihr Vater, Drogist, sei zwar ein kreativer Mann gewesen, er hatte seiner einzigen Tochter ein wunderschönes Puppenhaus gebaut, war ihre Erinnerung bis ins hohe Alter, aber Jutta wurde nicht im Zeichnen ausgebildet. Der Vater stirbt, als Jutta 13 Jahre alt ist. Ihr erstes Bild habe sie Mitte der 1990er von ihrer Mutter gemalt, als sie längst Pastorin in Groß Klein (1987 bis 2002) war und die Mutter im Sterben lag, weiß ihr Ehemann Arvid Schnauer.

Im Ruhestand wurde das Malen Jutta Schnauers Leidenschaft. Sie besuchte Malzirkel, lernte Acryl- und Ölmalerei, Druckgrafik sowie Aquarell- und Pastellmalerei. Sie fuhr zu Kursen, malte immer wieder Engel, Landschaften in verschiedenen Jahreszeiten, besonders eindrucksvoll ihre Winterbilder, Pflanzen und Blumen. Auch Architektur wie den Weidendom auf dem ehemaligen IGA-Gelände oder den Wasserturm. Sie gewährt einen Blick durch den Durchgang an der Nikolaikirche, malt in Venedig, auf der Insel Bornholm und anderswo – von überallher hat Kuratorin Heidrun Lorenzen Bilder aus einem großen Gesamtwerk ausgesucht. Sie spielt mit Licht und Farben auf ihren Bildern.

Bei der Nikolaikirche, 2017, Acryl auf Leinwand

Heidrun Lorenzen schreibt: „Neben gegenständlichen Werken entstanden auch abstrakte Erfindungen, deren Leuchtkraft und bewegte Oberflächenformung in beeindruckende Bilder umgesetzt wurden. Verschiedene druckgrafische Techniken ermöglichten neue Perspektiven. Neben den Engeldarstellungen ist der Torbogen ein wiederkehrendes Motiv, gleichsam Durchblick und Durchgang, oft aber auch ins Ungewisse.“ 

Fremde Stadt, 2007,  Acryl auf Leinwand

Jutta Schnauer legte 1956 das Abitur am Goethe-Gymnasium in Schwerin ab. Durch ihre Verwurzelung in der Schweriner Domgemeinde hatte sie schon früh den Wunsch, Theologie zu studieren. Nach Abschluss des Ersten Theologischen Examens ging sie mit ihrem Mann, Pastor Arvid Schnauer, nach Blankenhagen zwischen Ribnitz und Rostock, wo sie als Katechetin und Organistin arbeitete. Erst 1983 wurde sie ordiniert, weil bis dahin verheiratete Theologinnen nicht ins Vikariat und damit das Zweite Theologische Examen ablegen durften.

Von 1973 bis 2002 war sie als Dozentin auf dem Rostocker Michaelshof, einer Einrichtung der Diakonie, tätig, im Amt für Gemeindedienst, in der Südstadtgemeinde, ab 1990 in der Ufergemeinde Rostock, wo sie ab 1993 geschäftsführende Pastorin war. 

Geöffnet ist die Societät Rostock maritim, August-Bebel-Straße 1, montags bis samstags von 10 bis 16 Uhr. Die Finissage der Ausstellung findet am 28. Dezember um 15 Uhr statt.

Titel: Traumtänzer, 2016, Acryl auf Leinwand. Alle Fotos: @ Marion Wulf-Nixdorf

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Marion Wulf-Nixdorf ist seit 67 Jahren Mecklenburgerin. Davon hat sie 41 Jahre mit Herz und Seele als Journalistin in Schwerin gearbeitet.
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