Alles fließt – panta rhei 

In der Wismarer St. Georgen Kirche dreht sich alles ums Wasser

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Von Christian Franke

Stephanie Lüning, gebürtig aus Schwerin, lässt Kunst entstehen, indem sie es dem Zufall zugesteht, welche Formen das Element Wasser erschafft. Dazu nutzt sie Techniken und Mittel wie Schaummaschinen, Sauerstoffpumpen, Gefriertruhen und Eisblöcke. Am Ende entstehen – auch mit Hilfe der Ausstellungsbesucher*innen – Eisaquarelle, Skulpturen und raumeinnehmende Schaumaktionen. 

Im Schiff der St.-Georgen-Kirche werden fünf Objekte gezeigt. Die Besucher*innen werden von der runden, mit einer weißen Leinwand bespannten Plattform empfangen. Dies ist Teil des Collectivity Painting, der „kollektiven Malerei“, denn hier entsteht das Kunstobjekt durch die Ausstellungsbesucher*innen. Jede*r hat die Möglichkeit, einen farbigen Eiswürfel auf der weißen Plattform zu platzieren, um dann darauf zu warten, welche Form entsteht. Am Ende erscheint eine Bildkomposition, die von Farb- und Formüberlagerungen gekennzeichnet ist und den gemeinschaftlichen Gedanken der kollektiven Aktion transportiert. 

Im Zentrum der Kirche steht eine riesige Klangschale, in die in regelmäßigem Rhythmus ein Wassertropfen von der Kirchendecke fällt. Der entstehende Ton wird dabei aufgezeichnet und verstärkt. Insgesamt 15 Minuten hält sich der Ton im Kirchenschiff und ist durch den enormen Resonanzraum auch körperlich wahrnehmbar. 

Für das Goldstück, das ebenfalls schwebend von der Kirchendecke hängt, hat Lüning ein Kilogramm Bienenwachs geschmolzen und anschließend in ein Gewässer gegossen. Die entstandene Form ist dann der Ausgangspunkt für den Bronzeguss. Dabei nehmen das Wetter und die Größe des Gewässers Einfluss auf die resultierende Form. Die Kraft des Wassers wird auch durch die geschnittene Basaltsäule sichtbar. Mit Hilfe eines konzentrierten Wasserstrahls wurde der Basalt geteilt. Während ein Teil von der Decke hängt, steht das Gegenstück, umringt von Backsteinen, auf dem Boden. 

Zuletzt versetzt die Künstlerin flüssiges Wasser in einen anderen Aggregatzustand, indem sie mit Hilfe von Ultraschallschwingungen das Wasser in der Segeljolle Pepper zu einem feinen, wabernden Nebel verwandelt. Dieser schwappt langsam und gemächlich über den Rand der Jolle. Dabei wird nicht sofort sichtbar, was sich unter dem Nebel verbirgt. 

In all ihren Objekten ist das Wasser das zentrale Element. Dabei zeigen sie nicht nur die Kraft des Elements oder das Verbergende oder das Zufällige, sondern auch das Elementare. Das Prinzip des Lebens, das sich auch in der künstlerischen Anlage des Schaffens zeigt. Alles ist in ständiger Bewegung und niemand weiß, was am Ende zum Seienden wird. Nichts, das wiederholbar ist. Es zeigt die Einzigartigkeit des Moments und dessen Vergänglichkeit. Zugleich versucht Stephanie Lüning, durch die Objektwerdung das Vergängliche im Objekt gegenwärtig zu halten. Aber auch das ist im Fluss. Am Ende werden sich die Objekte für die oder den Einzelnen jeweils anders zeigen. 

Höhepunkt der Ausstellung

Höhepunkt der Ausstellung wird die Schaumaktion „Island of Foam – Version #XLII“ am 5. Oktober 2025 im Rahmen der Festivitäten des Landeserntedankfests sein. Die Schaumaktion startet um 15 Uhr im St.-Marien-Forum. Die Ausstellung FLUENT in der St.-Georgen-Kirche ist noch bis zum 2. November zu sehen.

Alle Fotos: Christian Franke
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Christian Franke studierte Philosophie und Germanistik, ist im Schuldienst tätig und interessiert sich für Literatur, Philosophie und Musik.

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