Ein Film über Urgewald im Fridericianum in Schwerin

Gerald Ullrich, Autor zahlreicher Beiträge im Kulturkompass-MV, unterstützt seit Jahren die Arbeit der Nichtregierungsorganisation (NGO) „Urgewald e. V.“. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern der Urgewald-Stiftung und vermittelte die Präsentation des filmischen Porträts des Vereins im Schweriner Fridericianum. 

.

Von Gerald Ullrich

Urgewald wurde vor gut 30 Jahren von zehn Frauen und drei Männern im beschaulichen Sassenberg bei Münster gegründet. Treibende Kraft und Initiatorin des Vereins war lange Zeit Heffa Schücking. Die NGO fokussiert auf Umweltschutz und Menschenrechte, was laut Urgewald notwendig zusammen gedacht werden muss. Wo die Umwelt für zumeist mehr oder weniger partikulare Interessen geschädigt und zuweilen geschändet wird, sind häufig auch (mindestens die dort lebenden) Menschen mit betroffen. Anschauliches Beispiel sind indigene Völker im brasilianischen Regenwald, wenn es zum Einschlag von Tropenholz oder zum Umwandeln von Regenwald in Agrarland kommt. 

Noch kennzeichnender als die Inhalte ist jedoch die Arbeitsweise von Urgewald. Denn als man hierzulande noch meinte, es sei schon viel erreicht, lautstark und medienwirksam gegen Missstände zu protestieren, hatte Heffa Schücking, die in den USA aufgewachsen ist, aber familiäre Wurzeln in Sassenberg hat, bereits eine andere Optik entwickelt: Sie wollte etwas bewirken, nicht nur einen momentanen Effekt erhaschen. Also etwa: ein Atomkraftwerk in Bulgarien verhindern, nicht nur dagegen protestieren, dass eines auf einem erdbebenunsicheren Gelände geplant (und mit deutschem Geld finanziert) werden sollte. 

.

Podiumsgespräch nach der Filmvorführung v.l.n.r.:  Phillip Noack, Karin Wejdling beide Urgewald, Gerald Ullrich und Gratiana Steinkamp (Foto: privat)

Das Verhindern bzw. Bewirken gelang Urgewald, die erst in den letzten Jahren auf inzwischen 70 Personen angewachsen sind, trotz der wenigen involvierten Köpfe in etlichen spektakulären Fällen. Und zwar, indem sie die für die jeweiligen Projekte erforderlichen Finanzströme ausfindig machten – um dann durch kluge, faktenbasierte Recherchen sowie öffentlichkeitswirksame Proteste diesen Projekten den Geldhahn zuzudrehen. Dieses Prinzip, „follow the money“, ist die kennzeichnende und inzwischen auch von anderen Bewegungen adaptierte Strategie, die Urgewald immer an den Tag legte und mit der ihre ansonsten rätselhafte Wirksamkeit zu erklären ist. 

Der Film, der Schülerinnen und Schülern der 10. Jahrgangsstufe am Gymnasium Fridericianum in Schwerin gezeigt wurde, entstand 2023 zum 30-jährigen Jubiläum dieser NGO. Anders als z. B. Greenpeace ist Urgewald aber kaum bekannt. In puncto Wirksamkeit braucht sich Urgewald dennoch nicht hinter berühmten Namen zu verstecken. Spektakuläre Erfolge von Urgewald, die sich unmittelbar auf die Klimakrise beziehen sind z.B.: die „Global Coal Exit List“ und die „Global Oil and Gas Exit List„. Beide sollen dazu beitragen, dass der Nutzung fossiler Energien der Geldhahn zugedreht wird.

.

Fossil Free (Aktion Berlin) Quelle: Oil Change International (US-Bilder)

Was den Film so besonders macht und was ihn auch auszeichnen könnte für den Einsatz in Schulen, ist die subtile Botschaft, der man sich während der einen Stunde, die er dauert, kaum entziehen kann: Wenn Du beharrlich bist, wenn Du Dich mit Gleichgesinnten zusammenschließt, wenn Du klug vorgehst und die Schwachstelle Deines Gegners analysierst, dann können sogar wenige Menschen viel bewirken, sich sogar gegen die „ganz Großen“ behaupten! Im Film zählten zu den ganz Großen, die Urgewald in die Knie gezwungen hat, z. B. die Deutsche Bank, RWE oder Siemens. Es ist also keine Übertreibung, hier von den „ganz Großen“ zu sprechen. 

Dass das für junge Menschen in einer Welt, die einen heute immer mehr das Fürchten lehrt, enorm ermutigend sein könnte, liegt eigentlich auf der Hand. Es wurde auch durch die Aufmerksamkeit bestätigt, die diese jungen Menschen während der Vorführung an den Tag legten. Insbesondere durch die vielen klugen Fragen, die im Anschluss an den Film gestellt wurden. Sie wollten wissen, wie Urgewald zu seinen Themen kommt und wie man bei Urgewald mitarbeiten kann?

.

In der Aula aufmerksame Schüler*innen (Foto: privat)

Unter der Leitung seines Schuldirektors, Herrn Dr. Uwe Dietsche, hat „das Fritz“, wie das Gymnasium in Schwerin auch genannt wird, in den letzten Jahren immer wieder beachtliche Schulprojekte aufgelegt. So auch ein Klimaprojekt, bei dem es der Schule gelungen war, den international renommierten Klimaforscher Professor Stefan Rahmstorf für einen öffentlichen Vortrag in die historische Aula der Schule einzuladen. A propos historisch: Das Gymnasium wurde 1553 gegründet und ist damit eine der ältesten Schulen im deutschsprachigen Raum! 

Wer Interesse hat, kann den Film im eigenen Rahmen präsentieren. Kontaktaufnahme über die Mitarbeiterin bei Urgewald, Karin Wejdling. Sie hat zusammen mit ihrem Ehemann Peter Wejdling, der wie sie freiberuflich als Journalist und Filmemacher ist, den Film gemacht.

.

Gerald Ullrich, Jahrgang 1959, seit 2005 mit seiner Frau in Schwerin lebend, eher natur- als kulturbegeistert, aber wenn es um Politik und Gesellschaft geht, ist sein Interesse zumeist groß. Als Psychotherapeut gilt seine berufliche Aufmerksamkeit allerdings dem Einzelnen. Er betreibt mit seiner Frau auch einen eigenen Blog.
Sie möchten auf eine Veranstaltung aufmerksam machen?
Nutzen Sie unseren Event-Kalender: https://www.kulturkompass-mv.de/veranstalter/
Sie möchten ihre Meinung sagen? Mail an: info@kulturkompass-mv.de

Verwandte Beiträge